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Samtgemeinde Boffzen

Jüdisches Leben und Verfolgung

In Lauenförde lebten 1689 drei jüdische Familien. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde im Haus Hertz ein Betraum eingerichtet, auch einen jüdischen Lehrer gab es zu der Zeit. Die Lage des ersten Friedhofs ist nicht mehr bekannt („an einem Berge“), evtl. handelt es sich aber um denselben, der an der heutigen B241 liegt. Mit der Gründung des Synagogenverbandes Uslar – Bodenfelde – Lippoldsberg Mitte des 19. Jahrhunderts und weil sich die Gemeinde verkleinerte verlor Lauenförde an Bedeutung und schloss sich 1846 als Filialgemeinde der Synagogengemeinde Beverungen (Landkreis Höxter) an.

In Derental lebten mindestens im 18. Jahrhundert mehrere Schutzbrief-Juden. Ihre Nachkommen zogen vermutlich noch vor 1900 in größere Orte wie Boffzen und Höxter (Nordrhein-Westfalen) um. Ebenso wie Derental gehörte Boffzen mit der Einteilung in Synagogenbezirke 1842 zur Synagogengemeinde Holzminden, wobei Boffzen ab 1872 zeitweise eine eigenständige Gemeinde bildete. Obgleich Braunschweig-Wolfenbüttel um 1600 nach herzoglichem Willen frei von Juden sein sollte, lässt sich in Boffzen für das Jahr 1620 der Jude „Samuell“ nachweisen. Im 18. Jahrhundert lebte hier eine Reihe jüdischer Familien mit Schutzbriefen. Ein Betraum bestand spätestens um 1820 im Haus Obere Dorfstraße 5; ab 1882 befand er sich einige Häuser weiter im Hinterhaus der Nr. 10. Ein Friedhof wurde an der heutigen Straße Im Niederen Felde angelegt. Anfang des 20. Jahrhunderts wandten sich die Mitglieder der jüdischen Gemeinde nach Höxter.

Zu Beginn der NS-Zeit 1933 lebten in Boffzen drei jüdische Familien, in Lauenförde ungefähr sechs jüdische Personen. Sie waren gut integriert, dennoch blieben sie bald nicht mehr von Diffamierungen und Repressionen verschont. Die Holzwarenfabrik Herlag in Lauenförde musste im Jahr 1938 – noch vor dem allgemeinen Geschäftsverbot für Juden – von ihrem Besitzer Erich Rose zwangsverkauft werden, da Zulieferer sich weigerten, für einen jüdischen Betrieb zu arbeiten. Zuvor litt auch schon die Familie Kohlberg zunehmend unter Geschäftsboykotten, da auch nach dem reichsweiten Boykott am 1. April 1933 SA-Männer Kunden vom Betreten des Geschäftes abhielten. Nachbarn halfen der Familie heimlich mit Lebensmitteln aus. Im sogenannten Novemberpogrom 1938 und auch mehrfach danach wurden die Fensterscheiben eingeworfen, Walter Kohlberg wurde in der Nacht in Göttingen in „Schutzhaft“ genommen und erst zwei Monate darauf wieder freigelassen. Am 26. März 1942 wurde die vierköpfige Familie über Hannover nach Warschau deportiert; sie überlebten den Krieg nicht. Toni Löwenherz zog 1936 nach Göttingen, nachdem ihre Villa enteignet worden war. Ihrer angekündigten Deportation im März 1942 zog sie in der Nacht zuvor den Selbstmord vor. Max-Herbert Sondermann lebte 1939 noch im Ort, sein weiterer Weg ist nicht bekannt.

Auch die jüdischen Geschäfte und Kaufleute in Boffzen litten unter Boykotten. Die Hochzeit der Tochter Imgard Kleeberg im März 1933 wurde von Nationalsozialisten gestört. Die Schlachterei Kleeberg musste 1938 verkauft werden, Hermann und sein Sohn Walter wurden im Gefängnis Holzminden inhaftiert; man warf ihnen Steuerhinterziehung und Schwarzschlachtung vor. Noch im selben Jahr, im Zuge des "Novemberpogroms", wurden beide erneut verhaftet und ebenso wie Robert und Arnold Seligmann in das KZ Buchenwald überführt; die beiden jüngeren blieben dort bis April 1939 inhaftiert. Während Walter Kleeberg noch Ende August des Jahres über Laer nach England flüchtete, zogen seine Eltern zum zweiten Sohn nach Hannover und wurden im Dezember 1941 von dort nach Riga deportiert; Walters Frau Martha wurde aus Laer deportiert. Familie Seligmann flüchtete im Frühjahr 1939 nach Shanghai. Bereits 1934 war das Ehepaar Lebenbaum über Holzminden nach Palästina emigriert. Von jenen, die 1933 oder in den Folgejahren in Boffzen lebten, starben drei in Konzentrationslagern.

 

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