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Polle

Jüdisches Leben und Verfolgung

Im Ort Polle ließen sich ab Ende des 17. Jahrhunderts jüdische Personen dauerhaft nieder, vermutlich auch in einigen umliegenden Orten. Mit der Einteilung von Synagogenbezirken 1843 wurde Bodenwerder an die jüdische Gemeinde Polle angeschlossen, setzte 1889 aber wieder seine Eigenständigkeit durch; doch auch in der Zwischenzeit waren aufgrund der Entfernung getrennte Gottesdienste abgehalten worden, in Polle in einem angemieteten Betraum im Obergeschoss der Burgstraße 12. Ein Friedhof befand sich auf dem Birkenberg. Im 19. Jahrhundert wuchs die Gemeinde auf fünf bzw. sechs Familien an, verringerte sich nach der Jahrhundertwende jedoch wieder. Ottenstein gehörte zur Synagogengemeinde Holzminden. Die erste jüdische Familie siedelte sich Mitte des 18. Jahrhunderts im Ort an. Eine jüdische Gemeinde bestand hier seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Sie verfügte über einen eigenen Friedhof "In der Plantage" am Ortsausgang Richtung Glesse, spätestens 1880 pachtete sie einen Betsaal in einem Hinterhaus der heutigen Dunklen Straße 64. Der Flecken Ottenstein hatte eine vergleichsweise große jüdische Landgemeinde. Um die Jahrhundertwende verkleinerte sich die Gemeinde jedoch, eine eigene Gemeinde gab es ab 1924 nicht mehr; die verbliebenen Mitglieder wandten sich während der Weimarer Republik nach Hameln.

Zu Beginn des Nationalsozialismus lebten in dem rund 1.000 Einwohner zählenden Ottenstein fünf jüdische Familien und in Polle das Ehepaar Nachmann. Nachmanns überschrieben 1935 ihr Geschäft in der Burgstraße 27 dem deutschen Angestellten und Teilhaber Klages, um so einem Boykott vorzubeugen. Klages wurde aufgrund seiner engen Beziehung zu Nachmanns immer wieder diffamiert; aber auch weitere Freunde müssen zwischenzeitlich geholfen haben. Die Wohnung der Nachmanns im Obergeschoss wurde am 9. November 1938 verwüstet, die Fensterscheiben zerschmissen, der jüdische Friedhof wurde zerstört und eingeebnet; Karl Levy, ein jüdischer Händler auf Durchreise in Polle, wurde im hannoverschen Polizeigefängnis inhaftiert. Max Nachmann starb 1940 an den Folgen einer Erkrankung in Hannover, seine Witwe und ihr Bruder kamen am 23. Juli 1942 im Zuge der zweiten südniedersachsenweiten Deportation über Ahlem (Hannover) nach Theresienstadt; beide starben dort kurze Zeit später.

Auch in Ottenstein wurde während des sogenannten Novemberpogroms mit Steinen auf Gebäude geworfen, Otto Kornberg und Ludwig Nußbaum kamen für einige Zeit in das KZ Buchenwald, womit die Repressalien jedoch nicht endeten. Nußbaum musste anschließend in Ottenstein Zwangsarbeit leisten – eine normale, freiwillige und fair bezahlte Arbeit war jüdischen Einwohnern im Reich nicht mehr möglich – und nahm sich im Juni 1939 das Leben. Ihm und den übrigen jüdischen Einwohner war die Auswanderung nicht mehr gelungen, stattdessen wurden ihre Besitztümer und Vermögen beschlagnahmt. Von der Tochter Hanna Kornberg wird berichtet, dass sie in der Schule sehr gehänselt wurde, 1939-1941 wurde sie auf die jüdische Schule in Ahlem (Hannover) geschickt. Der jüdische Friedhof wurde nach dem Pogrom geschändet. Mit den zwei südniedersachsenweiten Deportationen im März und Juli 1942 endete das jüdische Leben auch in Ottenstein; sechs Personen – einige waren in der Zwischenzeit verstorben, andere dafür hinzugezogen – wurden im März von einem Bauern zur Bahnstation gefahren und ab der Sammelstelle Gasthaus Hesse in Holzminden dann über Hildesheim und Ahlem (Hannover) nach Warschau transportiert; unter ihnen befand sich auch Hanna Kornberg mit ihren Eltern sowie die Witwe von Ludwig Nußbaum. Sie alle gelten als "verschollen", sie wurden nach Kriegsende für tot erklärt. Die verbliebenen sechs Personen – darunter der erst vor kurzem zu seiner Schwester Rosa Kornberg gezogene Stadtoldendorfer Theodor Wallhausen – wurden auf einem zweiten Transport im Juli des Jahres nach Theresienstadt verbracht, wo sie innerhalb der nächsten Monaten starben.

 

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